Spielgeräte. Ein neuer „Kampf der drei Reiche“

Vorhang auf für den erbitterten Kampf der großen drei Hersteller aus Japan und Amerika um die Vorherrschaft auf dem Markt der Spielgeräte (gêmu ki)! Alle drei Muster, die unmittelbar vor Beginn der größten Fachmesse der Welt auf diesem Gebiet, der „E3“ in Los Angeles, am 18. 5. nacheinander vorgestellt werden, stellen an Verarbeitungsgeschwindigkeit jeden PC in den Schatten und zielen auf den Wandel vom einfachen Spielgerät zum universalen Unterhaltungsgerät für zuhause (katei no goraku no sôgô tanmatsu). Schwierigkeiten bereiten der Branche aber die hohen Entwicklungskosten und die schwierige Erschließung neuer Käuferschichten.

Stolz rühmte SCE-Präsident Kutaragi Ken am 16. 5. in einem Filmstudio in Los Angeles vor über 1.000 Branchen- und Medienvertretern die Bildqualität der neuen Playstation3: „An Verarbeitungsfähigkeit kommt sie einem Supercomputer gleich.“

Die beschleunigte Verarbeitung erlaubt eine feinere Bildauflösung. Freudenschreie waren von denjenigen zu hören, die auf den großen Monitoren Szenen aus den ersten Testspielen sahen: „Fließendes Wasser z. B. sieht jetzt genauso wie im Kino aus.“

Am selben Tag enthüllte Microsoft in einem großen Theater in Los Angeles ebenfalls sein Spielgerät der nächsten Generation. Stolz gab Vizepräsident Peter Moore den Beginn des High-Definition-Zeitalters bekannt: „Alle Spiele auf unserer Xbox360 sind HD-tauglich.“

Die drei Spielgeräte der nächsten Generation im Vergleich





Name

Xbox306 (Microsoft)

Playstation3 (Sony Entertainment Corporation)

Revolution (Nintendô)









Verkaufsstart

frühestens Ende 2005

Frühling 2006

2006





Verarbeitungsfähigkeit

1 Teraflops*

2 Teraflops

noch unbekannt





besondere Kennzeichen

Mehrere Spieler können online miteinander spielen und sprechen.

Blueray-Disc-DVD, graphische Darstellung in Kinoqualität

Verwendung von Famikon-Programmen (nach Download)






* 1 Teraflop (im Japanischen ist der grammatische Numerus etwas unsicher: 1 tera furoppusu) (= eine Billion Flops) ermöglicht eine Billion Rechenoperationen in der Sekunde. (d. Ü.)

Die Ziele von SEC und MS ähneln sich sehr stark. Die CPU der Playstation3 ist 35 Mal, die der Xbox 80 Mal leistungsfähiger als die ihrer jeweiligen Vorgängerinnnen, und beide reichen an die Rechenleistung von Supercomputern heran. Spiele und Filme haben Kinoqualität, und auch der Hochgeschwindigkeits-Download aus dem Internet ist bei beiden möglich.

Für Sony, auch in den Bereichen Musik und Film aktiv, ist die Playstation3 von großer Bedeutung, um die führende Position als „universales Unterhaltungsunternehmen“ für den heimischen Bedarf zu verteidigen. Und auch für den Softwareriesen MS hat die Xbox nach Angaben von Präsident Gates die strategische Aufgabe, den Durchbruch in die Wohnzimmer zu schaffen.

Am 17. stellte dann Nintendô in Hollywood sein Spielgerät der nächsten Generation mit dem noch vorläufigen Namen „Revolution“ vor. Hier legt man Wert auf die Feststellung, daß alle Spiele seit den Famikon-Zeiten aus dem Internet heruntergeladen werden können, und setzt auch auf die Fans über 30. Präsident Iwata macht die wachsende Kompliziertheit für eine „Abwendung von den Spielen“ (gêmu banare) verantwortlich. Da das Gerät nur soweit bestückt wird, daß es für den Spielgenuß ausreicht, hofft man bei Nintendô, sich deutlich von den beiden Konkurrenten absetzen zu können.

[Illustration, nicht aufgenommen]

Bleibt also abzuwarten, wie die drei sich schlagen werden. Wird es MS gelingen, durch seinen Start als erster am Jahresende den Markt abzuräumen? Wird Sony sich aufgrund seiner aktuellen Führungsposition und der bewährten Qualität an die Spitze setzen können? Wird Nintendôs Ruf nach einer „Rückkehr zu den Ursprüngen“ ein Echo finden?

*

Die Geschichte der heimischen Spielgeräte und -programme

Die Famikon-Ära

1983

Famikon (Family Computer, Nintendô)

1986

Dragon Quest für Famikon (früher Enix)

1987

Final Fantasy für Famikon (FF, früher Square)

1990

Supâ Famikon (Nintendô)
Die Ära der Streitenden Reiche (Sengoku jidai)

1993

3DO Real (Matsushita Electric Industrial)

1994

Sega Saturn (Sega)

Playstation (PS, Sony)

1996

Nintendo64 (Nintendô)
Die Playstation-Ära

1997

FF 7 für Playstation (früher Square)

2000

Playstation2 (PS2, Sony)

2001

Produktion von Dreamcast eingestellt

Gamecube (Nintendô)

Xbox (Microsoft, = MS)

2004

Die Playstation wird über 100 Millionen Mal in 120 Ländern verkauft.
Die Ära der Drittelparität (mitsudomoe)?

Ende 2005

Xbox360 (MS)

2006

Playstation3 (Sony)

Revolution (vorläufiger Name, Nintendô)

• Sorge um explodierende Programmentwicklungskosten

Nicht nur die drei Hersteller setzen große Hoffnungen in die neuen Spielgeräte. Auf die Bilanz von IBM werden die Verkaufszahlen ebenfalls nicht ohne Einfluß bleiben, denn von hier stammen die CPUs für Nintendo und MS, und die CPU der Playstation3 wurde von IBM gemeinsam mit Sony entwickelt.

Und auch Softwareentwickler wie Konami sehen mit Spannung nach langer Zeit wieder einem wichtigen Eckdatum entgegen und schreiben eilig Spiele, die die neuen Hardware-Potentiale ausschöpfen.

Allerdings hat die hohe Auflösung auch das Datenvolumen vergrößert und die Entwicklungskosten pro Spiel von 300 bis 500 Millionen auf etwa 1 Mrd. ¥ hochschnellen lassen. Man ist besorgt, daß immer weniger Kinder, wenn man die gestiegenen Kosten an die Preise weitergibt, sich die Spiele noch werden leisten können. Auch in den USA, so ein berühmter Entwickler, steigen viele Spiele um etwa 10 Dollar.

Bei Square Enix wird an einer neuen Folge von Final Fantasy für die Playstation3 gearbeitet, gleichzeitig entwickelt man aber auch für Xbox und Revolution. Präsident Wada Yôichi möchte durch diese Verteilungsstrategie den Gewinn steigern und hält angesichts der zunehmenden Anbindung an das Internet die Frage, für welches Gerät entwickelt werde, sowieso für sekundär. Auch die Risikominderung ist ein Motiv.

Da für die Hardware-Hersteller der Umsatz davon abhängt, wieviele Spiele es auf ihrem Gerät zu versammeln gelingt, sind popluäre Spiele für sie das A und O.

*

Auch bei dem Spielzeughersteller Bandai und dem Computerspieleentwickler Namko, die vor kurzem ihre Fusion ankündigten, spielte dabei der Gedanke eine Rolle, sich auf diese Weise gegen die drohende Explosion der Entwicklungskosten zu wappnen. Auch wollen sie angeblich ihre Gewinnchancen dadurch verbessern, daß sie auch Kinofilme und mit dem Kino in Zusammenhang stehende Produkte herstellen, da die Spielgeräte der nächsten Generation eine graphische Darstellung in Kinoqualität liefern werden. Es ist die Ansicht zu hören, der gesamte Unterhaltungsmarkt werde sich, nachdem die alten Grenzen z. B. zwischen Computerspielen und Kino gefallen sind, neu strukturieren.

Werden die Kunden die derart leistungsfähigen Geräte überhaupt ohne weiteres annehmen? Der Spielekritiker Watanabe Kôji ist davon überzeugt: „Die Bevölkerungskurve der Menschen, die Computerspiele spielen, sinkt.“

In Japan zeigt dieser Bevölkerungsanteil in der Tat eine fallende Tendenz. Nachdem die Ausgaben für Spiele nach einer Untersuchung des Videospiel-Verlags Enterbrain 1997 den Gipfel von 750 Mrd. ¥ erreicht hatten, beliefen sie sich 2004 nur noch auf 430 Mrd. ¥. Offenbar steht für sie das Geld nicht mehr zur Verfügung, das für Handys und PCs ausgegeben wird.

In der Vergangenheit hatte Matsushita Electric Industrial mit dem 3DO Real, der durch Multifunktionalität auch Käuferschichten jenseits der ohnehin schon Bekehrten erreichen sollte, keinen Erfolg. Manche in der Branche sind deshalb der Auffassung, die Spieler würden sich scharf von den Nicht-Spielern sondern.Wie sich der Markt mit den neuen Hochleistungsgeräten ordnen wird, bleibt abzuwarten.

19. 5. 2005, S. 2 (Frank Böhling)