Lachen 1. Lachen und Humor in Japan.
Eine Untersuchung der Asahi Shimbun

Bei der schwachen Wirtschaftslage und angesichts der jüngsten Naturkatastrophen wie Erdbeben und Taifunen könnte man meinen, dass man derzeit in Japan nichts zu lachen hat. Andererseits bleibt es für viele wünschenswert, in dieser Welt wenigstens noch aus ganzem Herzen lachen zu können. Diese Einstellung, die wie ein genereller Wunsch der gesamten Bevölkerung wirkt, kann man einer Umfrage der Asahi Shimbun zum Thema „Lachen und Humor“ entnehmen, die am 5. und 6. 12. 2004 durchgeführt wurde.

• 90 % meinen: Lachen ist gesund

Siegertypen, Verlierertypen, Eigenverantwortung. In unserer Zeit, in der solche Begriffe eine immer größere Bedeutung haben, gibt es immer mehr Stressauslöser, was wiederum den Gesundheitszustand negativ beeinflussen kann. Nach unserer Untersuchung empfinden viele Menschen durch das Lachen eine Erleichterung von ihrem Stress und glauben auch, dass Lachen die Widerstandskraft gegenüber Krankheiten erhöht. 78 % antworteten, dass ihr Stress durch Lachen weniger belastend auf sie wirkt.

Die Anzahl derer, die meinen, Lachen würde das Krankheitsgefühl beseitigen oder Krankheitssymptome lindern, liegt sogar bei 92 %. Bei dieser Ansicht gibt es abhängig von Geschlecht oder Alter der Befragten keine nennenswerten Unterschiede.

Der medizinische Effekt von Lachen wird seit den 90er Jahren durch die Ergebnisse zahlreicher Experimente bestätigt. Der in der Präfektur Okayama praktizierende Arzt Itami Jirô zeigte seinen an Krebs und anderen Krankheiten leidenden Patienten Manzai [1] oder Mandan von Yoshimoto Kôgyô. Es zeigte sich, dass dadurch zusätzliche natürliche Killerzellen, die gegen die Krebszellen ankämpfen, aktiviert wurden. Itami Jirô praktiziert vor den Patienten humoristische Vorträge. Durch das Lachen erweckt er bei seinen Patienten eine positive Einstellung, was eine Voraussetzung zur erfolgreichen Krebsbehandlung darstellt.

Itami Jirô äußert sich folgendermaßen über die Ergebnisse: „Lachen ist eine latente Fähigkeit des Menschen. Beim Lachen kann jeder seine Sorgen vergessen und sich nach dem Lachen erfrischt fühlen. Das Ergebnis der Untersuchung trägt dazu bei, dass wir uns an diese Tatsache erinnern.“

• Witzige Kinki-Region

Auf die Frage „In welcher Region dürfte ein Witz am besten ankommen?“, antworteten 44 % der Befragten mit „Kinki-Region“. Auf die Frage „Welchen Humor mögen sie lieber, den von Tôkyô oder den von Ôsaka?“ wählten 64 % den von Ôsaka. Wirft man einen Blick auf unsere Grafik, in der dargestellt wird, welchen Regionen eine besonders große Bedeutung des Lachens und des Humors zugeschrieben wird, scheinen die Kinki- und Kansai-Region mit ihrem Zentrum Ôsaka ein überwältigendes Übergewicht zu haben.

[Illustration, nicht aufgenommen]

Wir haben das Land in zehn Regionen unterteilt und die Frage gestellt „In welcher Region dürfte ein Witz am besten ankommen?“ Auf dem zweiten Platz hinter der Kinki-Region folgt die Kantô-Region mit 15 %, gefolgt von Kyûshû mit 10 %.

Von den Bewohnern der Kinki-Region haben sogar 84 % ihre eigene Region als Antwort ausgewählt. In den benachbarten Regionen von Hokuriku bis Shikoku wählten jeweils mehr als 50 % die Kinki-Region als Antwort und verschafften ihr die höchsten Werte noch vor den jeweiligen Heimatregionen der Befragten. In den an sie angrenzenden Regionen wiederum wird die Kinki-Region nach der eigenen Heimatregion am zweithäufigsten genannt. Man kann also erkennen, dass sich die Wirkung des Humors der Kinki-Region wie in konzentrischen Kreisen über das ganze Land ausdehnt.

Welcher Humor, etwa in Fernsehsendungen, ist beliebter – der von Tôkyô oder der von Ôsaka? Die Zahl der Anhänger des Humors von Ôsaka übersteigt die Anhänger des Humors von Tôkyô (nur 26 %) um mehr als das Doppelte.

Lässt man die Befragten nun die Gründe für ihre Vorliebe auswählen, geben fast 50 % der Gruppe, die den Humor von Ôsaka vorziehen, seine Volkstümlichkeit (shôminteki) an, während immer noch mehr als 40 % in seiner Eigenschaft, das wahre Gesicht (honne) von Menschen oder Begebenheiten ans Licht treten zu lassen, den Grund für ihre Vorliebe sehen. Unter den Befragten, die den Humor von Tôkyô vorziehen, geben fast die Hälfte seine Eleganz (sumâto) als Grund hierfür an, der damit deutlich vor allen anderen möglichen Gründen liegt.

Gliedert man die Ergebnisse über die Vorlieben noch einmal nach Regionen auf, so schafft es die Antwort „Tôkyô“ mit 41 % lediglich in der Kantô-Region, der Antwort „Ôsaka“ mit 49 % dicht auf den Fersen zu bleiben. In allen zehn Blöcken des Landes mögen ein Großteil der Leute den Humor von Ôsaka lieber, ganz besonders die Bewohner in der Kinki-Region, in der der Humor von Ôsaka mehr als 80 % der Menschen für sich gewinnen kann.

Ôtani Kôichi, Verfasser des Buches „Ôsaka-Forschung“ und Ehrenprofessor der Tezuka-Yama-Gakuin-Universität, meint: „Durch das Fernsehen hat sich der Humor von Ôsaka im ganzen Land verbreitet und durchgesetzt.“

Auf die Frage „In welcher Situation brechen sie am ehesten unwillkürlich in Lachen aus?“, wurde die Antwort „Während ich etwas Leckeres esse“ in der Kinki-Region mit 23 % am häufigsten ausgewählt, gefolgt von der Chûgoku-Region mit 22 %, Kyûshû mit 21 % und Tôkyô mit 19 %. Am wenigsten häufig wurde diese Antwort in der Tôkai-Region ausgewählt. Hier entschieden sich nur 11 % der Befragten für diese Antwort.

• 70 % sind der Meinung, dass wenig gelacht wird

Die Ansicht, dass im heutigen Japan wenig gelacht wird, teilen 71 % der Befragten, während nur 14 % finden, dass viel gelacht wird. Fordert man die Befragten auf, die gegenwärtige Situation in der Welt mit einer Art von Lachen zu vergleichen, wählen 38 % das „gequälte Lachen“ und 23 % das „gezwungene Lachen“. Damit führen zwei als negativ empfundene Formen des Lachens die Rangliste an. Weniger Menschen wählten als positiv empfundenen Formen des Lachens wie „Lächeln“ (15 %) oder „schallendes Lachen“ (5 %).

Es fällt auf, dass das Gefühl, es würde wenig gelacht, besonders stark unter den über 50-Jährigen verbreitet ist. Dem gegenüber denken immerhin ein Viertel der 20 bis 30-Jährigen dass viel gelacht wird. Je jünger die Befragten sind, desto häufiger stießen wir auf eine optimistische Denkweise.

Will man von den Befragten, die nur wenig Lachen ausmachen, die Gründe für dieses Gefühl wissen, so nennen mehr als 30 % die sich fortdauernd ereignenden negativen Vorfälle und Naturkatastrophen. Die Erinnerung an das letzte Jahr mit seiner Kette von Katastrophen wie dem Erdbeben von Niigata und den nur kurze Zeit später hereinbrechenden Taifunen scheint sich hier widerzuspiegeln. Als weitere Antworten folgen „Weil sich das Verhältnis der Menschen untereinander verändert hat“ mit 20 % und „Weil die Wirtschaft keine Kraft hat“ mit fast 15 %.

• Lachen und der Spielraum für die eigenen Gefühle

Es gibt also wohl eine Zusammenhang zwischen den Alltagseindrücken und dem Lachen. Mit Rückblick auf das vergangene Jahr sind nicht einmal 10 % der Ansicht, ihr Leben sei leichter oder angenehmer geworden, während mit 64 % die größte Gruppe der Befragten meint, dass sich nichts verändert habe. 28 % finden, es sei schwerer geworden. Das sind weniger als bei einer Umfrage vor zwei Jahren, als noch 36 % dieser Ansicht waren. Der grundsätzliche Trend hat sich aber kaum verändert.

Unter den Befragten, die meinen, ihr Leben sei leichter oder angenehmer geworden, geben 74 % an, häufig zu lachen. Von denen, die keine Veränderungen feststellen können, sind es 64 %. Unter denen, die ihr Leben im Vergleich zu vorher als schwieriger empfinden, geben nur noch 55 % an, häufig zu lachen. Diese Zahlen machen deutlich, dass man tendenziell weniger lacht, wenn man sein Leben als schwierig empfindet.

Wie beeinflusst die Lebenseinstellung die Bedeutung des Lachens für den Einzelnen? Auf die Frage „Lassen sie ihren Gefühlen ausreichend Spielraum?“ gaben 78 % von denen, die angaben häufig zu lachen, eine positive Antwort. Insgesamt sind aber 47 % der Meinung, sie könnten ihren Gefühlen nicht ausreichend Spielraum gewähren.

Ebenfalls scheint es einen Zusammenhang zwischen Lachen und dem Familienumfeld, in dem man aufgewachsen ist, zu geben. Dass in diesem Familienumfeld „gelacht“ wurde, meinen 28 %, dass „wenig gelacht“ wurde, 48 %, zusammengerechnet also 80 %. Unter den Befragten, die angaben, dass in ihrem Familienumfeld „häufig gelacht“ wurde, steigt auch der Anteil derer, die sich selbst einen Sinn für Humor bescheinigen und sagen, dass sie Freude daran haben, andere Menschen zum Lachen zu bringen. Bei ihnen erkennt man zusätzlich den deutlichen Trend, dass auch in letzter Zeit viel gelacht wird.

Beim Thema „Lachen am Arbeitsplatz“ herrscht das Gefühl, dass sich nichts bewege. Auf die Frage, ob das Lachen am Arbeitsplatz zu- oder abgenommen habe, antworteten 16 % mit „zugenommen“, 13 % mit „abgenommen“, mit 41 % aber die größte Gruppe mit „keine Veränderung“.

Antworten gab es auch auf die Frage „Was bedeutet Lachen für Sie persönlich?“, mit der nach dem Bewusstsein für den Nutzen von Lachen gefragt wurde. Die häufigste Antwort mit 65 % lautete: „Lachen ist das Schmieröl menschlicher Beziehungen.“ Mit 27 % folgt „Lachen verleiht mir Energie für den nächsten Tag“. Damit bewerteten mehr als 90 % der Befragten Lachen positiv.

• Manzai ist am populärsten

Welche humoristischen Kunstformen oder Comedy-Genres sind am beliebtesten? Die Befragten konnten unter fünf möglichen Antworten auswählen. Dabei führt Manzai mit 31 % die Beliebtheits-Rangliste an. Es folgen Komödien-Filme und Bühnenstücke mit 26 %, Sketche mit 20 %, Rakuko mit 15 % und Manga bzw. Anime mit 5 %.

Manzai erfreut sich unter allen Altersgruppen einer hohen Beliebtheit. Bei den über 70-Jährigen haben sich 41 % für Manzai entschieden. Bei den 40 bis 60-Jährigen sind Komödien-Filme und Bühnenstücke am populärsten. Die Sketche erfreuen sich bei den 20 bis 30-Jährigen mit 45 % einer ausgesprochen großen Beliebtheit. „Rakugo“ hat unter den über 60-Jährigen die meisten Anhänger und folgt mit 25 % auf dem zweiten Platz hinter Manzai. Die Vorlieben für Comedy und humoristische Unterhaltung unterscheiden sich also je nach Altersstufe.

Vergleicht man die Vorlieben von Frauen und Männern, so stellt man fest, dass unter den Männern Manzai mit 33 % und unter den Frauen Komödien-Filme und Bühnenstücke ebenfalls mit 33 % die jeweils höchste Popularität genießen.

Im direkten Vergleich der Beliebtheit von Rakugo und Manzai in Tôkyô und Ôsaka sind in Tôkyô beide Genres mit jeweils 21 % gleichermaßen beliebt, während Manzai in Ôsaka mit 45 % Rakugo mit nur 7 % deutlich schlägt.

[Illustration, nicht aufgenommen] 1. Akashiya Sanma 161 (8 %), 2. Yokoyama Yasushi - Nishikawa Kiyoshi 110 (6 %), 3. Dauntaun 84(4 %), 4. Bîto Takeshi 67 (3 %), 5. Fujiyama Kanbi 53 (3 %), 6. Hata Yôku 47 (2 %), 7. Katsura Sanshi 38 (2 %), 8. Yokoyama Yasushi 35 (2 %), 9. Shimada Shinsuke 29 (2 %), 10. Bakushô Mondai 29 (2 %), 11. Ôru Hanshin - Kyojin 27 (1 %), 11. Nishikawa Kiyoshi 27 (1 %), 13. Naintinain 24 (1 %), 14. Enomoto Kenichi 18 (1 %), 15. Atsumi Kiyoshi 17 (1 %), 15. Hayashiya Sanpei 17 (1 %), 17. Za Dorifutâzu 16 (1 %), 17. Hagimoto Kinicih 16 (1 %), 17. Miyakawa Daisuke - Hanako 16 (1 %), 20. Tamori 15 (1 %), 20. Yumeji Itoshi - Kimi Koishi 15 (1 %), Andere Künstler 497 (26 %)

Wie oft sehen sich die Leute Comedy-Programme im Fernsehen an? 25 % sehen derartige Sendungen häufig und 56 % manchmal. Insgesamt 51 % bewerten derartige Fernsehsendungen als positiv, davon 28 % wegen ihrer Originalität und 25 %, weil sie das flotte Tempo schätzen. 44 % der Befragten stehen Comedy-Programmen negativ gegenüber. 16 % halten sie für „unreif“, weitere 16 % verstehen nicht, was daran komisch sein soll. Unter jüngeren Befragten war die Zahl derer, die Comedy-Programme positiv bewerten, ausgesprochen groß. Je älter die Befragten werden, desto größer wird die Gruppe derer, die solche Sendungen ablehnen. So bezeichneten 45 % der 20 bis 30-Jährigen Comedy-Programme als originell, unter den über 70-Jährigen waren nur 15 % dieser Ansicht. Umgekehrt ist die Ansicht, solche Fernsehsendungen seien „unreif“, in der mittleren Altersstufe stark verbreitet. Von den 50 bis 60-Jährigen stuften 20 % Comedy-Programme als „unreif“ ein. Über mangelnde Verständnismöglichkeiten beschwerten sich so bei den 20 bis 30-Jährigen auch nur 7 %, während die Zahl der ratlosen Zuschauer unter den über 50-Jährigen auf 20 % steigt. Fernsehsendungen, die in rascher Folge neue Komiker auf die Bühne bringen und mit ihren Gags vor allem ein junges Publikum erreichen wollen, scheinen bei Menschen im mittleren und hohen Alter ein Gefühl der Disharmonie auszulösen.

Eine ausführliche Darstellung der Untersuchung und ihrer Ergebnisse findet sich in der Februarausgabe des Magazins Asahi Sôken Ripôto Air 21. Sie erscheint am 10. 2., kostet 410 ¥ und kann unter der (japanischen) Faxnummer 03-5540-7476 bzw. per Postkarte vom Asahi Shimbun Sôgô Kenkyû Honbu, Postleitzahl 104-8011 angefordert werden.

3. 1. 2005, S. 8 f. (Till Weingärtner)


Anmerkungen

1
Im Text werden folgende humoristische Unterhaltungsformen genannt: Manzai ist ein humoristisches Zwiegespräch zwischen meist zwei auf der Bühne stehenden Akteuren. Die Gesprächsthemen orientieren sich dabei meistens am Alltag, was die Volkstümlichkeit des Manzai ausmacht. Mandan kann als die monologische Form des Manzai bezeichnet werden. Hierbei werden Themen des Alltags vom Vortragenden mit witzigen Kommentaren oder Spott belegt. Rakugo ist die Kunst der Vortragens humoristischer Geschichten. Die einleitenden Worte eines Rakugo-Künstlers entsprechen oft der Form des Mandan. Die ebenfalls im Text genannte Agentur Yoshimoto Kôgyô ist die größte Komiker-Agentur Japans, die zahlreiche Fernsehsendungen produziert, mehrere Komödienbühnen in ganz Japan betreibt und Schulen für den komödiantischen Nachwuchs unterhält. (d. Ü.)